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Smartphone-Sucht, Internet-Sucht, Pseudo-Sucht

Meinung- Smartphone-Sucht, Internet-Sucht, Computer-Sucht, Fernseh-Sucht… Davon und von vielen weiteren Süchten haben Sie sicher schon mehr als einmal gehört. Aktuell schallt neben wirklich wichtigen Themen wie dem britischen EU-Austritt, dem Syrien-Krieg, Trump-Skandalen etc. ein Aufschrei durch die Presse:

Experten warnen! Gesundheitsrisiko Smartphone: Schützen Sie Ihre Kinder!

Mit Verlaub, ich habe köstlich gelacht. Ersetzen Sie in dieser Schlagzeile sowie im ganzen Artikel 1:1 das Wort „Smartphone“ mit „Fernsehen“, machen Sie eine Zeitreise um 20 Jahre zurück.

Natürlich kann so ein Artikel nur authentisch wirken, wenn schon in der ersten Zeile mehrmals die Worte „-Sucht“, „Studie“ und „Experten“ angeführt sind. Die Folgen der damaligen „Studie“ über „Fernsehsucht“ waren verheerend: Epilepsie, Fettleibigkeit, Lähmungen, Autismus, ja sogar Krebs wegen der Röntgenstrahlung, die das TV-Gerät abgibt! Man prophezeite damals starke Schädigungen der Kinder, folglich in der Zukunft (also heute) überproportionale Zahlen bzw. ganze Horden an Menschen, die mit all diesen Folgen schwerbehindert sein müssten. Haben Sie etwas davon bemerkt? Ich auch nicht. Gleiches gilt übrigens auch für die „Telefon-Sucht“ (1980er-Jahre) und „Chat-Sucht“ (90er Jahre).

Von „Fernseh-Sucht“ (…verziehen Sie, ich kann nicht anders, als diese Süchte in Anführungszeichen zu setzen) sprach man damals, wenn der Konsum eine Stunde pro Tag überschreitet. Darum heißt es ja auch Kinderstunde, hat Oma immer gesagt. Vielleicht haben uns unsere Eltern und Großeltern auch nur so gut vor den Folgen dieses schrecklichen TV-Apparats geschützt, dass heute nicht mindestens ein Dreiviertel der Menschheit schwerste Behinderungen davongetragen hat? Wohl kaum.

Kommen wir zurück auf die „Smartphone-Sucht“. Über 5.000 Befragte, repräsentativ von Ärzten und Experten. Ohne, dass ich jetzt diesen besagten Artikel von A-Z auseinandernehmen möchte, befassen wir uns doch kurz mit dem Inhalt dieser „Studie“. Angeblich sollen bereits zweijährige Kleinkinder Stunden am Smartphone „daddeln“ (Spiele spielen). Dadurch werden sie natürlich hyperaktiv…

Außerdem schädigt es die Kinder schon, wenn allein die Eltern ein Smartphone nutzen. Noch nicht einmal wegen der Strahlung – nein besser – schaut Mama Mal auf das Handy, wird das Kind „bindungsgestört“. Haben Sie Ihr Kind schon einmal Mal zur Schule gefahren? Herzlichen Glückwunsch, Sie sind „Helikopter-Eltern“ und die gesellschaftliche Ächtung ist Ihnen gewiss. Nun noch einen Kuss für den Nachwuchs in der „Bussi-Zone“ (Parkplatz vor Schule/Kiga, wo Sie das Kind aus dem Auto lassen) und das Jugendamt wird alarmiert!

Smartphones machen dick!

Wie jetzt, die Dinger kann man essen? Nein, aber diese Studie hat ebenfalls ergeben, dass Kinder die Smartphones nutzen automatisch auch mehr Nahrung aufnehmen – und zwar nur zuckerhaltiges. Moment Mal, Kinder und Naschen? Das gab es ja noch nie! Oder… doch: ZUCKERSUCHT 😮

Lieber Kicken statt Klicken, Paddeln statt Daddeln“, wird in der Studie zitiert – so ähnlich zumindest…

Bicken statt Biken, Datteln statt Daddeln. Twitter-Nutzer @jimmischulz aus dem obigen Tweet trifft den Nagel genau auf den Kopf: Kompetenz ist etwas sehr wertvolles. Aber wie dem auch sei, schließlich gehen die Kids heute ja gar nicht mehr raus, hängen nur noch vor dem Smartphone. Früher in meiner Kindheit war das noch nicht so! Halt Moment – doch! Da gingen wir auch schon nicht mehr raus, damals war das Wort „Stubenhocker“ gerade in Mode, es gab Telefone – und die „Telefon-Sucht“!

Zurück zur aktuellen Studie: Die „Fernseh-Sucht“ ist natürlich mit dabei, schließlich stehen immer noch Millionen dieser teuflischen Apparate, die ganze Generationen zu Schwerbehinderten gemacht haben noch immer in deutschen Wohnzimmern. Ein Wunder, dass Internet-Sucht, Computer-Sucht und Spiele-Sucht fehlen. Laut den „Experten“ dieser Studie (von denen übrigens kein einziger namentlich oder fachlich genannt wird) sind die genannten Folgen bei „Fernseh-Süchtigen“ heute nicht mehr so schlimm wie damals. Heute wird man vom TV-Überkonsum nur noch hyperaktiv. 30 Minuten Fernsehen sind „gefährlich“, bei über 30 Minuten täglich ist die Gefährdung „doppelt so hoch“. Tut mir leid liebe Kinder, jetzt heißt es also „Kinderhalbestunde“! Na gut, wissenschaftliche Erkenntnisse schreiten mit den Jahren schließlich voran und damit ist offiziell: 30 Minuten TV am Tag sind für Ihr Kind nur gefährlich, alles darüber verursacht schwerstes ADHS!

Die armen Kleinen!

Übrigens wussten Sie, dass Sie nach mehr als einer Stunde PC am Tag bereits schwerst depressiv sind, aus dem realen Leben flüchten wollen und natürlich SÜCHTIG sind – nein? Das jedenfalls sagen „Studien“ zur „Computer-Sucht“. Fangen wir bei „Spiele-Sucht“ besser gar nicht erst an, sonst wird noch irgendwann herauskommen, dass Super-Mario bereits mehr Menschen auf dem Gewissen hat, als Pest und spanische Grippe zusammen.

Zurück zum Thema Smartphone. In dieser Studie wurde anführend erwähnt, dass die Bundesdrogenbeauftragte alarmiert sei. Moment Mal – Drogenbeauftragte? Folgere ich da also richtig, das Smartphone ist damit als Droge deklariert?? „Hey, psssst! Suchst Du was? Was darfs sein? Haschisch, Heroin, LSD oder doch die härteren Sachen? Smartphones oder vielleicht ein paar Internet-Freiminuten?“ 😐

Da wir schon bei Drogen angekommen sind ein kleiner Aufruf an alle Redakteure, die auf Schlagzeilen-Jagd sind oder im Sommerloch feststecken: Ich finde, real existierende Süchte nach (per Definition) Rauschmitteln (echten!) werden bis auf das Rauchen fahrlässig karg behandelt, zum Beispiel Alkoholismus oder Substanzmißbrauch! Beides macht real abhängig, schädigt wirklich den Körper, zerstört Existenzen, kostet Menschenleben. Ich hoffe Sie nehmen es mir nicht übel, wenn ich jetzt nicht nur gestehe bereits mehr als eine Stunde am PC zu sitzen, sondern danach fernsehe und zur Krönung des Ganzen noch nebenbei auf dem Smartphone „daddele“.

Und nun noch zu Ihnen vor dem Bildschirm! Acht bis zehn Minuten sollten Sie benötigt haben, um diesen Beitrag zu lesen. Heißt, noch 20 Minuten Internet-Restzeit für Sie! 😉

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Achim Neugebauer

Vielen Dank Herr Schropp für diesen Artikel, der mir voll und ganz aus der Seele spricht. Ich finde verheerend, was heutzutage alles eine Sucht sein soll und man damit versucht, mündige Bürger einzuschränken. Was es früher nicht gegeben hat, ist schlecht. Wir stehen nun kurz vor der Einführung einer Zuckersteuer, weil Zucker ungesund ist, die Entscheidung überlassen wir aber nicht den Bürgern, wir schreiben vor: http://www.ksta.de/wirtschaft/ernaehrung-eine-zuckersteuer-fuer-bessere-gesundheit-27877638
Die Vorschriften-Kultur in Deutschland hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Nochmals Danke für den Artikel.