Die Vitamin D-Lüge: Das Allheilmittel entzaubert
Kommentar – Wer sich mit dem Thema Gesundheit befasst, stößt eher früher als später auf das Thema Vitamin D. Das Sonnenvitamin soll Depressionen, Knochenleiden, Diabetes, Asthma, Krebs, sogar COVID-19 (Coronavirus) und noch viel mehr heilen können. Auch die kleinen Wehwehchen wie einfachen Hals- oder Kopfschmerzen und sogar Übergewicht soll es beseitigen. 70 und 90 ng/ml soll die optimale Konzentration im Blut betragen, die Werte variieren aber je nach Ratgeber. Gerade einmal bei 10-20 ng/ml Blut liegen die wissenschaftlich fundierten Werte des Bundesinstituts für Arzneimittel (BfArM).
In den letzten Jahren wurde das Vitamin zum Allheilmittel deklariert und der Hype hält weiter an. Hört man die unzähligen Stimmen darüber, hat mindestens jeder zweite Deutsche einen gefährlichen Mangel und dadurch schwerste gesundheitliche Folgen. Wissenschaftler und Ärzte hingegen schlagen Alarm, Nutzen und willkürliche Dosierungen sind zweifelhaft und sogar gefährlich.
Vitamin D-Mangel unwahrscheinlich
Bei uns in Europa ist es sehr unwahrscheinlich, einen Vitamin D-Mangel aufzuweisen. Fünf bis 25 Minuten Tageslicht (je nach Hauttyp) pro Tag reichen aus, um den Vitamin D-Spiegel ausreichend zu decken und Vorräte anzulegen. Betroffen von einem Mangel sind beispielsweise bettlägerige Personen oder solche, die aufgrund anderer Erkrankungen langfristig unfähig sind, Räume oder das eigene Haus zu verlassen.
Studien zeigten, dass die Bewohner polarer Gebiete im nördlichen Skandinavien selbst bei dreimonatiger Dunkelheit (Polarnacht) einen ähnlich normalen Vitamin D-Spiegel aufwiesen, wie die Bewohner in den südlichen Teilen Skandinaviens. Der Körper kann Vitamin D über Monate in Muskel- und Fettgewebe speichern und zehrt auch problemlos im Winter von den Vorräten.
Faktencheck
Eine Studie der University of Auckland (Verweis in englischer Sprache) zeigt klar, das Sonnenvitamin ist alles andere als ein Allheilmittel. Beginnen wir bei den vielgenannten Knochenleiden: Die Wissenschaftler fanden praktisch keinen Hinweis. Helmut Schatz, Direktor a. D. der Ruhr-Universität Bochum kommt zu vergleichbaren Ergebnissen: „Man braucht es nicht zu nehmen„.
Auch Prof. Dr. Curt Diehm, ärztlicher Direktor der Max-Grundig-Klinik folgert, dem Wundermittel fehlt sämtliche wissenschaftliche Basis und sogar die Stiftung Warentest warnt. Neuste Forschungen zeigen sogar, dass nahezu alle Vitamin D-Präparate praktisch wirkungslos sind.
Im Klartext: Es schützt oder gar heilt nicht COVID-19, ebenso wenig Krebs (Verw. in engl.) oder Depressionen, Diabetes, Asthma, … Die Liste kann beliebig fortgeführt werden.
Schwere Folgen durch Überdosierung
Die Überdosierung des Vitamins begünstigt nicht nur Tumorwachstum, sondern beschleunigt auch die Alterung, stellte ein schwedisches Forscherteam der Universität Uppsala fest. Nierenschäden zählen ebenfalls zu den Folgen durch Vitamin D-Präparate. Aber auch Herzrhythmusstörungen können die Folgen sein. Des Weiteren Müdigkeit, Kopfschmerzen, Übelkeit, Durchfälle oder Verstopfung – also eigentlich alles, dass das Vitamin doch heilen soll…
Woher kommt der Vitamin D-Hype?
Die New York Times ist dem Spuk bereits 2017 auf die Spur gegangen. Um die Jahrtausendwende (als übrigens noch Vitamin C das Allheilmittel war), stellten einige Zeitschriften bei an Multipler Sklerose und psychisch erkrankten Patienten einen zwar normalen, aber im Durchschnitt niedrigeren Vitamin D-Spiegel fest. Ein Schlussfolgerung wurde daraus zwar nicht gezogen, jedoch genügte es, dass die Leser der Magazine den Rest dazu selbst beigetrugen.
Die Nachfrage an Untersuchungen zur Bestimmung des Vitaminspiegels schnellten nach oben, genau so die Nachfrage nach Vitamin D-Präparaten und jenen, die in diesem Produkt einen neuen Absatzmarkt erkannten. Der Hype um das Sonnenvitamin ist unlängst zu einer „Religion“ geworden, folgern die interviewten Ärzte Dr. Kathleen Fairfield und Kim Murray des Maine Medical Center.
Angstkampagnen und Werbeprosa
Das Sonnenstudio um die Ecke, die Apothekenzeitschrift, Naturheilkundler und besonders Nahrungsergänzungsmittelhersteller. Sie preisen ihre Mixturen, Produkte und Dienstleistungen als Wundermittel gegen unzählige Krankheiten an. Wenig verwunderlich sind dann die besonders angsterregenden Aufmacher, welche Tode man aufgrund des Vitamin D-Mangels zu sterben hat und bei wie vielen Prozenten der Bevölkerung es genau an diesem mangelt.
Je größer die Angst, desto ausgabenfreudiger sind sie Patienten. Das rechnet sich, allein 2015 haben die Deutschen 124 Millionen Euro für Vitamin D-Präparate ausgegeben. Das Geschäft mit den Nahrungsergänzungsmitteln brummt.
Das Geschäft mit einem Stoff, mit dem man für 15€ bereits mehrere Jahre hinkommt, brummt? (Amazon -> Vitamin D3 Tropfen 5000 IE)
Hier ist der Stand der Forschung zum Thema Vitamin D und Covid 19 zusammengefasst: https://www.youtube.com/watch?v=ha2mLz-Xdpg
Die SWR gibt keinerlei Quellen für die Behauptung, dass ein „Spaziergang“ an der Sonne mit Gesicht und Hände bereits den Vitamin D Bedarf deckt.
Ich habe trotz Regelmäßiges sonnenbaden (am Wochenende) letzten Jahres im August einen Mangel gehabt (23 ng/ml).
Die Polaren Völker haben einen normalen Vitamin D Bedarf aufgrund der Ernährung. 100G Hering (Matjes z.B.) enthalten bereits 1000 IE Vitamin D.
Ohne UVB Strahlung ist eine Vitamin D synthese über die Haut unmöglich, diese ist in Polaren gebieten aber auch im Winter/herbst und teilweise Frühlung in Deutschland nicht bzw. kaum vorhanden.
https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Vitamin-D-fuer-alle-ueber-50-weniger-Krebstote-417081.html
Hier eine neure Studie, die bei einer (zu niedrigen) Dosierung von 2000 IE gegenüber einer Gruppe von 800 IE täglich eine signifikante Reduzierung der Krebsmortalität feststellt.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7581590/
Selbst in dieser riesigen Studie mit relativ schlechten Studiendesign (man müsste eine Gruppe mit Mangel die NICHT supplementiert mit einer Gruppe die 5000 IE Pro tag einnimmt vergleichen, soviel bräuchte man um auf einen Spiegel von 60 ng/ml zu kommen) haben sich Vorteile von Vitamin D3 gezeigt.
Vitamin D3 ist die Vorstufe eines Steroidhormons. Naturvölker haben einen Spiegel von 60-80 ng/ml, der modene Mensch sollte aufgrund seines Lebensstils diese Lücke ausgleichen.